Presse­mitteilung

Holetschek: Maskenpflicht in vulnerablen Einrichtungen mit Bedacht umsetzen – Bayerns Gesundheitsminister: Neue Vorgaben im Infektionsschutzgesetz sind nicht praxistauglich

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat die vom Bund vorgeschriebene Maskenpflicht in Krankenhäusern, stationären Reha-Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen sowie voll- und teilstationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen als überzogen kritisiert und eine Umsetzung mit Bedacht angekündigt. Holetschek sagte am Donnerstag in München: „Die Regelung des Bundes ist nicht praxistauglich. Wir setzen daher auf eine Auslegung des Gesetzes mit Augenmaß und unterstützen damit die Einrichtungen. So soll eine Maskenpflicht grundsätzlich nur in Bereichen gelten, in denen auch tatsächlich das Risiko eines Kontaktes mit vulnerablen Personengruppen besteht.“

Die neuen bundesrechtlichen Regelungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) für vulnerable Einrichtungen gelten unmittelbar und sind eine gravierende Verschärfung gegenüber den bisher landesrechtlich angeordneten Schutzmaßnahmen. Neben dem durchgängigen FFP2-Maskenstandard gilt die Maskenpflicht in diesen Einrichtungen nun unter anderem auch für Menschen beziehungsweise Bereiche ohne Kontakt zu vulnerablen Personen.

Davon sind beispielsweise Früh- und Förderwerkstätten sowie Heilpädagogische Tagesstätten betroffen. Eine FFP2-Maskenpflicht soll nach der bundesrechtlichen Vorgabe grundsätzlich zum Beispiel auch für Kinder ab 6 Jahren in Heilpädagogischen Tagesstätten gelten. Holetschek betonte: „Das zeigt, wie wenig die Vorgaben durchdacht sind: Für die Jahrgangsstufen 1 bis 4 der Förderschulen verbietet das IfSG den Ländern sogar Masken vorzusehen – und das selbst dann, wenn dies zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenz-Unterrichtsbetriebs erforderlich ist. Dieselben Kinder sollen dann aber nachmittags in den Heilpädagogischen Tagesstätten, bei denen oft das Personal mit dem der Förderschulen identisch ist und die gleichen Räumlichkeiten genutzt werden, FFP2-Masken tragen. Das ist einfach nur absurd!“

Der Minister sagte weiter: „In Heilpädagogischen Tagesstätten ist eine FFP2-Maskenpflicht daher nicht sinnvoll. Dasselbe gilt für Werkstätten für behinderte Menschen. Die dort tätigen Personen haben in der Regel kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19. Außerdem werden die Betreuung und Förderung dadurch beeinträchtigt, dass durch die Maske die Mimik nicht wahrgenommen werden kann. Auch die Verständlichkeit von Sprache leidet. Der mit der Maskenpflicht verbundene Schutz steht hier eindeutig außer Verhältnis zu den Nachteilen.“

Holetschek betonte: „Die Verschärfung der Maskenpflicht stellt die Einrichtungen auch arbeitsschutzrechtlich vor große Schwierigkeiten – zum Beispiel in Krankenhäusern. So müssten beim Tragen von FFP2-Masken zwingend Pausen eingehalten werden, die bei strenger Auslegung der bundesrechtlichen Vorgaben nur außerhalb der Einrichtung genommen werden könnten. Das ist irrwitzig und im Alltag nicht umsetzbar. Bereits jetzt sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entscheidende Faktor für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. In Verwaltungsbereichen, Pausen-  oder Maschinenräumen und vergleichbaren Bereichen sollte die Maskenpflicht daher nicht greifen.“

Holetschek erläuterte: „In Einrichtungen, in denen Menschen auf Dauer wohnen, sollte zudem die Maskenpflicht für Bewohnerinnen und Bewohner auch in den Räumen entfallen, die als Aufenthalts- und Gemeinschaftsräume Mittelpunkt der Lebensgestaltung sind. Wir werden auch insoweit die Ausnahme weit auslegen.“ Der Minister fügte hinzu: „Es ist zudem nicht verständlich, dass etwa Besucher von Alten- und Pflegeheimen in den Appartements der Bewohnerinnen und Bewohner zum Tragen einer FFP2-Maske verpflichtet sind. Es handelt sich schließlich um deren verfassungsrechtlich geschützte Wohnung, in der sie selbst entscheiden können, ob ihre Besucher Maske tragen müssen. Es ist nicht vermittelbar, warum in einem Appartement innerhalb eines Pflegeheimes Besucher FFP2-Maske tragen müssen, in einem Appartement außerhalb eines Pflegeheimes aber nicht. Klar ist aber auch: Sobald sich mehrere Bewohner ein Zimmer teilen, hat der Schutz vulnerabler Personen Vorrang, und es bleibt für Besucher bei der Maskenpflicht.“

Das IfSG sieht eine Ausnahme von der Maskenpflicht vor, wenn die Erbringung oder Entgegennahme einer medizinischen oder vergleichbaren Behandlung dem Tragen der Maske entgegensteht. Holetschek unterstrich: „Bayern wird Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Einrichtungen für behinderte Menschen nicht im Regen stehen lassen. Wir werden praxisnah den Begriff der Einrichtung eng und die Ausnahme weit auslegen.“ Dies führt im Ergebnis dazu, dass für die FFP2-Maskenpflicht in bestimmten Einrichtungen, vor allem in Heilpädagogischen Tagesstätten und Werkstätten für behinderte Menschen, sowie bestimmten Bereichen wie reinen Verwaltungstrakten nur ein sehr geringer Anwendungsbereich verbleibt.

Zusammenfassend erläuterte der Minister: „Bei all‘ dem geht es nicht darum, sinnvolle Schutzmaßnahmen zu unterlaufen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei und der Schutz vulnerabler Personen bleibt unser wichtigstes Ziel. Die starre FFP2-Maskenpflicht im neuen IfSG schießt aber weit über dieses Ziel hinaus. Hier gilt es, durch sinnvolle Auslegung einen praxistauglichen Vollzug der Vorschriften zu ermöglichen.“