Presse­mitteilung

Holetschek dringt bei Bundesregierung auf „Pakt für die Pflege“ – Fünf Kernpunkte vorgelegt – Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister: Bundeskanzler muss Lauterbach im Ringen mit Lindner mehr unterstützen

Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek hat die Bundesregierung aufgefordert, rasch einen „Pakt für die Pflege“ auf den Weg zu bringen. Holetschek betonte am Sonntag in München: „Bundeskanzler Olaf Scholz übersieht bei seinem Vorschlag für einen ‚Deutschlandpakt‘, dass insbesondere bei der Pflege rasch und gemeinsam gehandelt werden muss. Dafür muss das Bundeskabinett an einem Strang ziehen. Das ist bislang offensichtlich nicht der Fall. Ich habe deswegen im Bundestag einen ‚Pakt für die Pflege‘ vorgeschlagen. Es ist doch in den letzten anderthalb Jahren klargeworden, dass Karl Lauterbach ohne Unterstützung der gesamten Bundesregierung keine wirksame Pflegereform vorlegt.“

Holetschek kritisierte: „Bislang hat der Kanzler den Gesundheitsminister im Ringen mit Finanzminister Christian Lindner nicht ausreichend unterstützt. Das zeigen die geplanten Etat-Kürzungen des Bundesgesundheitsministeriums um mehr als acht Milliarden Euro. Aber die Herausforderungen in der Pflege sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und müssen deshalb auch vom gesamten Kabinett ernst genommen werden. Es ist zum Beispiel wichtig, sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Gehaltsstrukturen in der Pflege zu verbessern – wir brauchen steuerfreie Gehaltsbestandteile für die Pflegekräfte.“

Holetschek hatte bereits am 7. September bei einer Rede im Deutschen Bundestag die Idee eines „Pakts für die Pflege“ aufgeworfen. Der Minister betonte dazu: „Die größte Herausforderung ist das Thema Pflege. Das Thema Pflege wird zur Schicksalsfrage der Generationen – in allen Bereichen. Und wenn der Bundeskanzler von einem ‚Pakt für Deutschland‘ spricht, dann sage ich: Wir brauchen auch einen Pakt für die Pflege.“

 

Holetschek schlug nun konkret fünf Kernpunkte für den Pakt für die Pflege vor, deren Umsetzung auf Bundesebene erforderlich ist.

1. Attraktive Gehaltsstrukturen:

Holetschek erläuterte: „Wir brauchen steuerfreie Gehaltsbestandteile für Pflegekräfte. Die Steuerfreiheit für Zulagen muss ausgeweitet werden. Das macht nicht nur den Pflegeberuf finanziell attraktiver und drückt eine größere gesellschaftliche Wertschätzung aus – es bewahrt auch die Pflegebedürftigen vor weiteren finanziellen Belastungen.“

2. Attraktive Arbeitsbedingungen:

Holetschek erklärte: „Erforderlich sind flächendeckend verlässliche Arbeitszeiten durch die Finanzierung von Springerkonzepten und die Ermöglichung einer unbürokratischen Umsetzung. Darum muss zum einen der einrichtungs- und trägerübergreifende Einsatz von Springerkräften unbürokratisch möglich sein und zum anderen finanziert werden, ohne die Pflegebedürftigen weiter zu belasten. Die Vereinbarkeit von Job und Familie ist ein zentraler Punkt wenn es darum geht, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Die Pflegekräfte fordern zurecht verlässliche Dienstpläne und Erholungszeiten – und damit auch Planbarkeit für ihr Privatleben. Dazu gehört auch die Eindämmung der Ungleichheit, die durch zunehmende Leiharbeit in der Mitarbeiterschaft entsteht. Es darf nicht sein, dass jemand aus einer Leiharbeitsfirma bessere Arbeitszeitmodelle hat als jemand, der fest in einer Einrichtung arbeitet. Wir in Bayern fördern deswegen ein Modellprojekt mit bis zu 7,5 Millionen Euro, das Springerkonzepte erprobt.“

3. Mehr (und nicht weniger!) Bundesmittel:

Holetschek betonte: „Die Bundesregierung muss endlich ihrer Ankündigung nachkommen, versicherungsfremde Leistungen mit Bundesmitteln zu finanzieren, anstatt sie den Beitragszahlern der Pflegeversicherung aufzubürden. Das gilt insbesondere für die Kosten der Rentenversicherung für pflegende Angehörige und die Kosten der Pandemiebekämpfung, die noch immer die Pflegeversicherung belasten. Auch die Ausbildungsumlage muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus der Pflegevergütung herausgenommen werden. Deswegen darf sich hier auch Bundesfinanzminister Lindner nicht wegducken.“

4. Strukturreform:

Holetschek sagte: „Wir müssen das Leistungsrecht der pflegerischen Versorgung konsequent vereinfachen und flexibilisieren. Nachhaltige Entbürokratisierung kann nur gelingen, wenn wir den gesetzlichen Rahmen der Leistungserbringung vereinfachen und es Pflegeanbietern ermöglichen, ihre Angebote konsequent an den Bedarfen der Pflegebedürftigen auszurichten und nicht an Abrechnungsmöglichkeiten. Dafür brauchen wir eine echte Strukturreform der Pflegeversicherung inklusive der Aufhebung der Sektorengrenzen im Leistungsrecht und Schaffung von flexibel nutzbaren Budgets.

5. Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige:

Holetschek führte aus: „Nicht vergessen dürfen wir pflegende Angehörige. Wenn wir den Familien es nicht ermöglichen, ihren pflegebedürftigen Angehörigen zur Seite zu stehen, wird die pflegerische Versorgung zusammenbrechen. Es ist höchste Zeit, Kinderbetreuung und Pflege gesellschaftlich gleichzustellen. Dafür brauchen wir eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige analog zum Elterngeld. Das bedeutet, dass in der Regel 65 Prozent des Nettoeinkommens gezahlt werden sollten, wenn jemand eine pflegebedingte Auszeit aus dem Beruf nimmt.“

 

Der bayerische Gesundheitsminister betonte: „All diese Maßnahmen haben gemeinsam, dass es einen Schulterschluss auf Bundesebene braucht. Ein Ressort alleine kann die Probleme nicht lösen. Deswegen ist jetzt die Zeit gekommen, dass Bundeskanzler Scholz moderieren und Gesundheits-, Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium an einen Tisch bringen muss. Ich bin sicher, dass er damit auch in den Ländern auf offene Ohren stoßen würde. So muss Scholz seinen Pakt für Deutschland mit Leben füllen.“